Ideale 2004
„Man könnte sagen unsere Ideale sind wie Scheinwerfer. Sie erleuchten den Weg vor uns. Ohne sie sind wir verloren, unfähig Entscheidungen zu treffen. Mit ihnen haben wir eine gute Chance zum Erfolg. Wir brauchen klare, starke Ideale.”
Aus: „Understanding our Ideals”, Lehrfilm USA, Schwarz-Weiß, undatiert, Autor/in unbekannt, Prelinger Archive
Die Arbeit Ideale spürt der Fragestellung nach, ob Ideale noch Bedeutung und Einfluss in unserem Leben haben. Und wenn sie es haben: Welches sind diese Ideale? Wie haben sie sich im Vergleich zu früheren Zeiten verändert?
Ausgehend von diesen Fragen fanden bisher 45 Gespräche statt. Ich habe Menschen meines Umfeldes gebeten etwas über ihre persönliche Sicht auf Ideale zu erzählen. Zusätzlich wurden alle Befragten fotografiert.
Als erstes Zwischenergebnis wurde der Film Ideale 2004 präsentiert. In diesem Film habe ich kurze Ausschnitte aus den bisherigen Gesprächen gewählt und in Bezug zueinander gesetzt.
Ljudmila Podgornaja wollte Ärztin werden. Da sich dieser Berufswunsch nicht realisieren ließ, wurde sie Operationsschwester. Seit dem weiß sie, dass Ideale und Träume nicht das Gleiche sind. „Träume sind eben etwas andres, sie lassen sich nicht verwirklichen.“, so Ljudmila. Ihr Ideal besteht darin anderen zu helfen. Wie ihr Vorbild – ihre Lehrerin Maria Alexandrovna – versucht sie nun so ihr Ideal im Alltag zu leben.
Seyoum Mulugeta hat heute keine Ideale mehr. Früher hatte er sehr konkrete Ideale. Sie bezogen sich auf die Verbesserung der Lebenssituation seines Volkes. Später, als er dann gezwungen wurde das Land zu verlassen, konnte er diese Ideale nicht mehr umsetzen. Seyoum betont jedoch, dass es grundsätzlich wichtig ist Ideale zu haben. „Wenn du jung bist,“, sagt Seyoum, „dann sollst du Ideale haben!“
Carla Åhlander erzählt von ihrer italienischen Großmutter. Sie lud während des zweiten Weltkrieges in Italien, obwohl sie überzeugte Kommunistin war, deutsche Soldaten zu sich an den Tisch zum Essen ein. Sie war gleichzeitig überzeugte Christin. Ihr Ideal war Jesus, der in ihren Augen den Kommunismus in seinem Leben verwirklichte. Die Handlung und Lebensweise ihrer Großmutter wirkt in Carlas Familie durch die Generationen als Idealbild.
Heiner Behr lehnt Ideale als etwas Verlogenes ab. Er wuchs in der DDR auf. „Bei uns“, sagt Heiner, „nannte man das ‚Vorbilder‘“. Er erzählt von seinem Schulunterricht. In der Grundschule mußte seine Klasse die Geschichte eines sowjetischen Jungen lesen, der eine verbotene Handlung seines Vaters anzeigte, woraufhin dieser hingerichtet wurde. Die Handlung des Jungen wurde den Schülern als vorbildlich präsentiert. Heiner stand jedoch auf und verließ die Klasse, da er das als „Schweinerei” empfand.
DV Film, 20 min, Schwarz-Weiß, Stereo Deutsch, Russisch, Englisch, Schwedisch
Première im Kino ARSENAL, Berlin im Oktober 2004
Mit: Leonhard Minutillo, Ljudmila Podgornaja, Stefan Dörner, Katja Smacka, Annika Friese, Johan Lorbeer, Birte Ziegler, Thomas Müller, Susann Walk, Axel Lapp, Thilo Krenge, Ronnit Krenge, Christoph Wiesner, Susanne Ziegler, Heiner Behr, Carla Ãhlander, Alexander Branczyk, Ania Corcilius, Pedro Tivadar, Ali Mekaoui, Geka Heinke, Seyoum Mulugeta, Maren Strack, Carsten Lohmann, Heike Nehl, Mark Boswell.
Tonnachbearbeitung: Lupo/Dubplates & Mastering