Kreise und Partituren
Meine Zeichnungen der Serie Kreise und Partituren spiegeln die Choreografien der Workshops in Kollaboration mit Chorist*innen* der documenta 14 wider. Sepake Angiama – Leiterin der Vermittlung für Learning from Athens, documenta 14 – lud mich ein in Kassel und Athen sechs Workshops zu konzipieren und durchzuführen. Ich visualisierte die zeitlichen Abläufen, Ideen und Methoden, die sich aus künstlerisch-performativen und theoretischen Elementen zusammensetzten. Dazu nutzte ich Schraffuren, Formen, rhythmische Elemente, verschiedene Perspektiven, Strukturen, dekonstruierende und surrealistische Elementen sowie unterschiedliche Strichstärken und Farbgebungen – ergänzt durch handschriftlich notierte Sätze, Begriffe und Namen. Nach Abschluss der jeweiligen Workshops entwickelte ich neue Zeichnungen, in denen ich meine Wahrnehmungen und Interpretationen der Abläufe notierte.
Eine Art lyrisches Storyboard entstand. Auf diese Weise konnte ich den Verlauf der Workshops nicht nur entwickeln, sondern hinterher auch auf verschiedenen Ebenen untersuchen. Wie nah oder distanziert bewegten sich die Gruppenmitglieder zueinander? Welches Verhältnis zum architektonischen Raum nahmen wir ein? Welche ästhetischen Formen erzeugten unsere Bewegungen? Wie veränderte das Sitzen an einem Tisch die Atmosphäre? Was passierte unter dem Tisch? Was passierte in einem Kreis ohne Stühle? Welche performativen Elemente entwickelten die Teams?
Durch diese Form der choreographischen Zeichnung konnte ich neue Ideen für die Workshops entwickeln. Durch die Zeichnung der Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven konnte ich die Formationen und Bewegungen der Gruppen erkunden. Ich erkannte, dass einige der Übungen – wie die, die wir stehend im Kreis durchführten, einen Ball warfen oder den Ball in das Zentrum legten – von oben gesehen große Buchstaben formten: Wie etwa Thìta, ein Kreis mit einem Punkt in der Mitte – ein griechischer Buchstabe. Dies führte mich in einem weiteren Schritt zur Erforschung historischer Kontexte der Entwicklung des Alphabets. Westeuropäische Buchstaben des Alphabets basieren auf dem von den Griechen entwickelten Alphabet. Für sie war die Entdeckung und Entwicklung von Zeichen für Laute so zentral, dass sie die Formen der einzelnen Buchstaben bei Aufführungen durch den Chor verkörpern ließen.
Die 25 Zeichnungen der Zeichnungsserie Kreise und Partituren waren ein Werkzeug der Planung, unterstützten die Durchführung, ermöglichten eine Untersuchung des Geschehenen, schufen Hinweise auf historische und theoretische Kontexte, waren ein Mittel der Kommunikation.
Kreise und Partituren, 25teilige Zeichenserie 2017. Papier, Bleistift, Markup Pens. 24 x 31 cm (9, 5 x 12,2 inch).
Die Workshops im Rahmen der Faculty der documenta 14 führte ich in Zusammenarbeit mit Anton Kats durch.
*160 Mitglieder des Chors – die Chorist*innen – führten Spaziergänge für und mit Besucher*innen der documenta 14 durch. Die Entfaltung des Chors im Zuge der documenta 14 wurde mit der Faculty konzipiert – einer Gruppe von Künstler*innen und Kunstpädagog*innen, die unterschiedliche Methoden und Ansätzen einbrachten. Zu den Mitgliedern der Faculty zählten – neben mir – Keiko Higashi, Gila Kolb, Konstanze Schütze, David Smeulders und Leanne Turvey. Siehe: http://www.documenta14.de/de/public-education/ [Zugriff: 31.03.2018]